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Krabat – Der Lehrling des Zauberers (1977)

Karel Zeman ist heute im breiten kulturellen Gedächtnis ärgerlicherweise ziemlich vergessen. Dabei gilt der Regisseur und Filmemacher als Begründer des tschechischen Animationsfilms, dessen Filme – zahlreiche Kurzfilme, aber auch eine ganze Reihe von Spielfilmen – seinerzeit auch international Anerkennnung und Publikum fanden. Mit Reise in die Urzeit (Cesta do pravěku; auf amazon.de streamen) gewann er etwa 1955 bei den Filmfestspielen von Venedig den Preis für den besten Kinderfilm.

Und auch Filme wie etwa Die Erfindung des Verderbens und Baron Münchhausen, in dem der titelgebende Baron aus seinem Ruhestand auf dem Mond zur Erde zurückkehrt und hier einige wilde Abenteuer erlebt, zeigten Zemans Talent für die Animationskunst, seinen sehr eigenen Stil und vor allem auch die Fähigkeit, reale Bilder und Animationssequenzen mit großem Effekt zu mischen.

Das findet sich auch in seinem vorletzten Film, seiner Verfilmung von Otfried Preußlers düsterem Roman Krabat (amazon.de) nach einer sorbischen Sage. Der Film war lange Zeit in Deutschland nicht verfügbar bzw. nur als (vermutlich illegale) Kopie in tschechischer Sprache auf YouTube auffindbar. Seit kurzem ist er nun als Stream (derzeit noch nur bei amazon Video), ab 26. November auch auf DVD wieder zu haben (amazon.de) – in neuer 4K-Abstastung, wie der Verleih verspricht.

In seinen 80 Minuten Laufzeit reduziert Krabat – Der Lehrling des Zauberers (so der Verleihtitel in der DDR) die Handlung des Buches (bzw. der zugrundeliegenden Sage) auf das Wesentliche: Der obdachlose Waisenjunge Krabat stößt auf seinen Wanderungen durch seine Heimat in der Lausitz auf eine Mühle, vor der er von den Einheimischen gewarnt wird. Aber der Herr der Mühle bietet ihm an, ihn als Lehrling einzustellen, und dafür gibt es – es ist gerade tiefer Winter – ein warmes Bett und stets genug zu essen.

Gerne willigt Krabat ein, merkt aber bald: Er hat sich hier auf etwas ganz Anderes eingelassen. Denn der Meister ist nicht zuallererst Müller, sondern ein Hexenmeister, der seine Lehrlinge in der dunklen Kunst unterrichtet; jedes Jahr zum Weihnachtsfest muss einer von ihnen sich ihm in einem magischen Duell stellen, das nur mit dem Tod des Unterlegenen enden kann.

Während die anderen Jungen schnell ihren Lebensmut verlieren (und in der Animation ihre Farbe), sucht Krabat nach einem Ausweg. Nicht zuletzt, weil er sich bei einem seiner Ausflüge in die Umgebung in das junge Mädchen Kantorka verliebt hat. Also schmiedet er einen Plan…

Krabat ist schließlich eine Geschichte von Kameradschaft, Mut und Liebe; der Film meidet zwar die metaphysische und womöglich religiöse Ebene, umgeht auch die Frage nach der Verlockung, die von magischen Kräften ausgehen kann, und konzentriert sich einerseits ganz auf die Reinheit der Liebe. Andererseits zaubert er Schönheit auf Leinwand und Bildschirm, lässt seine so zurückgenommene wie perfektionierte Animationstechnik aufscheinen: Flache Papierbilder, die doch schnell räumlich werden, kombiniert mit Realbildern von Wasser, Feuer und Rauch, die durch sie hindurchquellen, -scheinen, -plätschern.

Das ist alles ganz wunderbar und wunderschön, als sei hier ein altes Märchenbuch zu Leben erwacht und seinen eigenen Seiten entsprungen, um eine Geschichte zu erzählen. Von dem bösen Hexenmeister, dessen gespaltener Schädel ihm auch in seinen tierischen Manifestationen stets erhalten bleibt, vom Totenkopf-Kerzenständer, der ein Eigenleben zu führen scheint, von den Zauberlehrlingen als Raben.

Krabat – Der Lehrling des Zauberers (Čarodějův učeň). Tschechoslowakei 1977. Regie: Karel Zeman, 80 Minuten. FSK 6, empfohlen ab 8 Jahren. Als VoD auf amazon Video, ab 26.11.2021 .

(Fotos: WVG Medien)

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