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Klassiker mit Kindern: Spider-Man (2002)

Im Kinderfilmblog bespreche ich meist (und sehr bewusst) ausschließlich Kinderfilme, also Filme, die primär für ein junges Publikum bis etwa zwölf oder vierzehn Jahren gemacht wurden. Allerdings gibt es zahlreiche Filme, die zwar keine Kinderfilme sind, sich aber leicht und gut mit Kindern ansehen lassen. Unter der Rubrik Klassiker schauen stelle ich in unregelmäßigen Abständen immer wieder solche Filme vor – und mache mir dabei auch Gedanken dazu, wie und ab welchem Alter sie für Kinder geeignet sind. (Hintergrund dazu und Übersicht über die Filme hier.)

Im ganz frischen 21. Jahrhundert waren die Superhelden (Frauen tauchten seinerzeit im Genre eigentlich gar nicht so richtig auf) eher Randfiguren. Der absolut nicht jugendfreie Vampir Blade war zu campy und vielleicht auch zu eigen für die Zeit, Batman war von Joel Schumacher scheinbar endgültig ins Abseits sortiert worden (auch wenn es natürlich Fans gibt, die das anders sehen. Es gibt immer Fans).

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Und dann kam Sam Raimi, der sich insbesondere mit Tanz der Teufel und Armee der Finsternis eher unterschiedlichen Horrorsubgenres gewidmet hatte, und stellte die Superheld_innen mit Spider-Man plötzlich auf ganz neue Füße. Da war Iron Man noch sechs Jahre in der Zukunft, auch Christopher Nolans Batman Begins sollte noch etwas dauern, und Raimi machte einfach so aus seinem Helden ein Wesen aus Fleisch und Blut.

Friendly Neighborhood Spider-Man

Natürlich bietet sich Peter Parker für dieses Kunststück ganz besonders an, denn der “friendly neighborhood spider-man” war natürlich immer schon der Junge von nebenan, der unbeholfene Teenager, der seinen Weg erst noch finden muss: So geht seine Geschichte in den ersten, klassischen Comics los, und so brachte Raimi sie, danke eines guten Drehbuchs von David Koepp, auch auf die Leinwand. Modernisiert für das Jahr 2002, aber im Herzen der Spidey, wie er den Comics entstieg. (Weniger der Zeichentrickserie, deren Musik erst im Abspann kurz anklingt.)

Der Bösewicht ist dabei gar nicht so entscheidend – aus den vielen potentiellen Gegnern (praktisch immer männlich) der Spinne wurde der noch ziemlich bekannte Green Goblin ausgewählt –, vielmehr geht es hier um die Heldwerdung, die Motivation und Vorgeschichte, die aus dem nerdigen Mauerblümchen Peter den selbstbewussten und zugleich seelisch zerrissenen Spider-Man macht.

Das pure Adrenalin des Erwachsenwerdens

Dass all das – die plötzlichen Kräfte, das Selbstbewusstsein – auch eine ziemlich klare Allegorie auf Pubertät und Erwachsenwerden ist, auf Selbstermächtigung und -zweifel, daraus macht der Film keinen Hehl. Im Gegenteil, er trägt das ja schon ziemlich offensiv-schmalzig mit sich herum. Die große Weisheit von Peters Onkel (und Ziehvater) Ben, “with great Power comes great responsibility”, ist natürlich schon hart am Kalenderspruch (oder an Instagram-Kachel-Sprüchen), aber was soll’s.

Das hält man aus, wenn sich dafür neben einem zwei Teenager winden, weil sie es kaum ertragen, wie unbeholfen sich dieser Peter Parker im Umgang mit seiner angebeteten Mary Jane Watson verhält. Und wie er überhaupt sich finden muss. Sie winden sich, und dabei ist es doch genau ihr eigenes Suchen, das sie hier womöglich gespiegelt sehen.

(Im zweiten Spider-Man-Film von Raimi sind dann die Anspielungen auf sexuelle Unsicherheiten wiederum sehr direkt, aber überhaupt ist der Regisseur dort deutlich entfesselter – es wird sehr spürbarer, dass er aus dem Horrorfilm kommt, mit Jump Scares und subjektiven Kamerafahrten, die wirklich ein wenig Angst machen können.)

Ein menschlicher Superheld

Anders als im schon so bombastisch daherkommenden Iron Man ein paar Jahre später ist das hier noch sehr menschennahes Kino. Weil Sam Raimi verstanden hat, wen er mit Spider-Man im Kern vor sich hat: Einen unsicheren Jungen, einen Teenager mit allem Möglichen im Kopf.

(Für die frisch von 9/11 getroffene USA war das womöglich auch ein Film wie Balsam: New York wird gerettet, und der Held hat absolut nichts militaristisches, einfach ein netter Junge von nebenan. Zur Produktions- und Marketinggeschichte des Films gehört auch, dass die Twin Towers des World Trade Centers aus dem bestehenden Filmmaterial entfernt werden mussten; im allerersten Teaser allerdings (die Szenen kommen im Film gar nicht vor) standen sie ja noch sehr groß im Mittelpunkt.)

So ist Spider-Man in diesem Film so menschlich und verletzlich, wie danach erst wieder im exzellenten Spider-Man: A New Universe. Sam Raimi zeigt ihn als jungen Mann mit dem Kopf voller Möglichkeiten, der sich laut juchzend an seinen Spinnenfäden von Haus zu Haus schwingt. So viel Kraft, und dann so viel Verantwortung.

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Spider-Man. USA 2002. Regie: Sam Raimi, 121 Minuten. FSK 12, empfohlen ab 13 Jahren. Kinostart: 06.06.2002. Bei Netflix, amazon Prime, Sky, Joyn und EntertainTV in Flatrates enthalten, auf zahlreichen Plattformen als VoD zum Kauf verfügbar.

PS: J.K. Simmons die Rolle als J. Jonah Jameson zu geben, war übrigens ein Geniestreich. Eine perfektere, comic-getreuere Besetzung ist kaum vorstellbar.

(Fotos: Columbia Tri-Star)

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