Festivals Filmkritiken

Berlinale 2014: Loulou, das unglaubliche Geheimnis (2013)

loulou

Wer irgendwie schon einmal Berührungen mit der französischen Kinderbuchwelt hatte, wird nicht an Loulou vorbeigekommen sein, dem anfangs noch sehr jungen Wolf, der eines Tages – er hat noch nie ein Kaninchen gesehen – auf Tom trifft, der seinerseits noch nie einem Wolf begegnet ist. Sie fragen sich ernsthaft, ob sie nun Angst voreinander haben müßten, aber ihre Freundschaft wird dadurch behindert, dass Loulou irgendwann das Bedürfnis verspürt, seinen langohrigen Freund zu verspeisen… es beginnt der Weg zum Vegetarismus aus Liebe. Toll, oder?

Der Gegensatz zwischen Carnivoren und ihren lebendigen Speisen ist also von Anfang an in den Figuren von Loulou und Tom angelegt, die sich hier auf eine Reise machen, nicht unähnlich den origin stories amerikanischer Superhelden: Wer war meine Mutter?, will Loulou wissen, und eine recht sinister wirkende Wahrsagerin verspricht ihm Aufklärung in Wolfenberg, wo sie Prinzessin gewesen sei. Dort feiert man gerade das Carnivorenfest mit viel Jagd und feinen Blutstropfen in edlen Gläsern – der kleine Wolf und sein Kaninchenfreund sind also aus ganz unterschiedlichen Gründen herzlich willkommen – oder vielleicht auch nicht.

Loulou, das unglaubliche Geheimnis ist kein harmlos-freundlicher Trickfilm. Hier werden Zähne gefletscht und Schatten türmen sich drohend auf – außerhalb des gezeigten Bildes sind auch Todesfälle unter Nebenfiguren nicht völlig ausgeschlossen. Aber er ist vor allem enorm witzig und spannend, weshalb er sich für Kinder ab sieben, acht Jahren schon sehr eignet. Langweilig geht es jedenfalls nicht zu: Loulou landet mitten im Herz politischer Intrigen, im Wald treiben sich die Rebellen herum (allesamt Pflanzenfresser natürlich) – und die beiden Neuankömmlinge bringen die strenge Trennung zwischen den beiden Gruppen ganz schön in Bewegung. (Wie sich zeigen wird, hat das biographische Gründe, aber mehr verrate ich nicht.)

Regisseur Grégoire Solotareff ist auch Autor und Illustrator der Buchvorlage, was für eine große Nähe zur Quelle bürgt; allerdings weicht der 80-minütige Film natürlich deutlich von den doch einfachen Erzählungen der Bilderbücher ab. Neben Solotareff führte Éric Omond mit Regie, seinerseits ebenfalls als Zeichner tätig; man sieht das im Stil der Bilder jederzeit, die stets stimmige Tableaus aufziehen, reich an Licht und Schatten und kleinen oder großen Ideen. Die Umrisse der Stadt Wolfenberg gleichen einem Wolfskopf und im Magazin des Stadtmuseums finden sich zahlreiche klassische Gemälde in Wolfsgestalt überführt.

Aber der Film belässt es nicht allein beim visuellen Spiel; ältere Zuschauer werden die kleinen Anspielungen goûtieren, die sich hie und da verbergen (den Jagdhund “Reservoir Dog” zum Beispiel, die Verweise auf Robin Hood). Anfang des letzten Drittels verliert der Film ein wenig an Fahrt und Faden, die dramatische Jagd, auf der sich Loulou als wahrer Fleischfresser erweisen soll, kann so keine rechte Spannung aufbauen, aber das tut dem Film schon keinen wesentlichen Abbruch mehr.

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Loulou, das unglaubliche Geheimnis (Loulou, l’incroyable secret), Frankreich 2013. Regie: Grégoire Solotareff, Éric Omond, 80 Min. Empfohlen ab 7 Jahren, auf der Berlinale.

Foto: Prima Linea Productions/France 3 Cinéma/Belvision/Berlinale

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