Festivals Filmkritiken

Berlinale 2014: Die geheime Mission (2013)

MGP_Missionen

Ehrlich gesagt käme ich ja nicht auf die Idee, Veranstaltungen vom Schlage DSDS und Konsorten als Ort der Kulturenverständigung zu sehen – aber es ist genau dieser Ansatz, den anhand einer (sehr menschenfreundlichen) Castingshow der dänische Kinderfilm MGP Missionen verfolgt.

Sawsan und ihre Eltern sind in Kopenhagen geboren, „aber meine Familie kommt aus der Türkei“, erklärt sie ihrem neuen Klassenkamerad Karl, als sie sich in der Schule für einen Fragebogen gegenseitig nach ihrer Herkunft ausquetschen sollen. Karl kommt aus Hvide Sande, einem kleinen Fischerdorf in Jütland. Da isst man, erklärt er Sawsan, vor allem Fisch und nochmals Fisch. Kurz darauf stellen sie eher widerwillig fest, dass sie beide selbst Musik machen – und freunden sich dann an. Sawsans Vater, ganz Traditionen der Heimat seiner Mutter verpflichtet, sieht das jedoch gar nicht gern und verbietet seiner Tochter den Kontakt mit Karl.

Karl ist eigentlich nicht gerne nach Kopenhagen gekommen – seine Mutter reist dem Job nach, ihrer Firma hinterher. Nein, beruhigt sie ihren skeptischen, gottesfürchtigen Vater, Kopenhagen sind nicht nur Punks und Muslime. Und macht sich dann später am Telefon Sorgen, ob der Elternabend wohl in Farsi oder Urdu stattfinden werde. Währenddessen aber bringt Sawsan dem Provinzler bei, wie ein Großstädter zu reden und sich auch so zu verhalten.

Ein Clash der Kulturen auf mehreren Ebenen ist das also eigentlich – aber einer, in dem von Anfang an deutlich wird, dass die zusammenstoßenden Erwachsenen keine Ahnung vom Leben der jeweils anderen haben, aber jede Menge Vorurteile und Ängste. Regisseur Martin Miehe-Renard inszeniert schon die Wohnräume von Karls und Sawsans Familie ähnlich beengt und schmal: einfache Großstadtbehausungen. Die Menschen seien nicht dazu gedacht, übereinander gestapelt zu wohnen, schnauft Karls Großvater einmal.

Das Viertel von Kopenhagen, in dem die Immigranten – aus aller Herren Länder und aus Jütland – zusammenstoßen, zeigt der Film in schnellen Schnitten, die Kameras schiefgestellt: eine veritable Großstadt für die Kinder, voll und laut und Schmelztiegel, wenn man es denn zulässt. Sawsan und Karl ist der Umgang miteinander ganz natürlich, beides freundliche Kinder von aufmerksamer Seele. Weil aber Sawsans Vater ihr die Teilnahme am Kindertalentwettbewerb MGP untersagt hat und beide Kinder das als große Ungerechtigkeit empfinden, planen sie schließlich den Ausbruch: für ein Wochenende nach Jütland, zum Finale, für das sich das Mädchen qualifiziert hat.

Die Eltern verzweifelt, suchend, schließlich auf dem Weg nach Jütland in einem viel zu kleinen Lieferwagen, kommen sich unmerklich näher durch ihre Ähnlichkeiten – und ganz am Ende nimmt der Film dann womöglich ein, zwei zu rasche Sprünge, aber selbst diese verzeiht man den zuvor recht liebevoll, wenn nicht immer vollständig gezeichneten Figuren noch gerne. Heraus kommt ein Abenteuerfilm für Kinder, dessen Botschaft recht deutlich an Kick It Like Beckham erinnert – mit dem schönen Unterschied, dass hier am Ende alle hoffentlich ein wenig klüger und offener sind.

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Die geheime Mission (MGP Missionen), Dänemark 2013. Regie: Martin Miehe-Renard, 100 Min. Empfohlen ab 8 Jahren. Auf der Berlinale.

(Foto: Berlinale/Karina Tengberg)

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