Filmkritiken

A Babysitter’s Guide To Monster Hunting (2020)

Wie im vorherigen Jahr schon bespreche es auch 2020 hier jetzt jeden Mittwoch bis Halloween einen Gruselfilm für Kinder aus meiner Liste – weitere Vorschläge werden gerne angenommen! #horrorctober

Die Sache mit den Wandschränken beschäftigt mich wirklich. In nordamerikanischen Horror- und Gruselfilmen lauert das Böse (das Monster, der Serienmörder) gerne im Wand- und Einbauschrank – und mir scheint, das ist signifikant häufiger so als in nicht-amerikanischen Schreckensszenarien – in Die Monster AG hat sich eine ganze Industrie darum gebildet, die für das Phänomen der schröcklichen Wandschränke weltweite Geltung beansprucht… ich bin da skeptisch. Kollegin Cloud vermutete auf Twitter als Begründung, es hänge „mit den [in den USA häufigeren] „built in closets“ zusammen, die Schranktüren sehen da viel mehr nach klassischer Tür (in ein anderes Zimmer / andere Welt) aus als nach Schranktür.“

Das nehme ich als Erklärung gerne mal hin, eine Bessere habe ich, zumindest bis zum Erscheinen meiner Kulturgeschichte der Tür im Horrorfilm (Scherz!) vorerst auch nicht, auch wenn es mir relevant erscheint, ob das Böse aus dem Schrank, von unterm Bett oder aus dem Spiegel kommt. Aber ich schweife ab.

Nicht jedes Kind verträgt Horror- oder Gruselfilme wirklich gut. Ich empfehle dringend: Film vorher selbst anschauen, aufs eigene Kind gucken und überlegen: Hält es das aus? Vielleicht besser im Hellen schauen als im Dunkeln? Lieber doch mit etwas ganz und gar Harmlosem einsteigen?

In A Babysitter’s Guide to Monster Hunting, dem Halloween-Streifen fürs junge Publikum, den Netflix in diesem Jahr in die Welt geworfen hat, kommt der Oberböse jedenfalls auch aus dem Schrank: Tom Felton (der Draco Malfoy aus den Harry Potter-Filmen) ist als einer der „Boogeypeople“ namens Grand Guignol (das Drehbuch lehnt sich da recht weit aus dem Fenster) fast nicht wiederzuerkennen. Er schnappt sich den kleinen Jacob, dessen Albträume er zum Leben erwecken will, um sie dann auf die Welt loszulassen.

Das alles geschieht unter den etwas hilflosen Händen von Babysitterin Kelly (Tamara Smart), die ihrerseits als Kind schon einmal Monster gesehen hat und deshalb von ihren Schulkamerad_innen gerne „Monster-Kelly“ genannt wird. Sie kompensiert das durch mathemathische Nerdigkeit und einen Hang zum Selberlöten, was leider im gesamten Film etwas zu kurz kommt, aber (Spoiler!) das Ende ist offen genug für so einige Fortsetzungen (die Buchvorlage hat schon mehrere Bände), vielleicht kommt das dann noch.

Kelly jedenfalls war vorher schon nicht die Geeigneteste, um Jacob die Angst vor seinen Träumen zu nehmen – schließlich habe sie ja auch Angst ohne Ende, wegen des Klimawandels und Ungerechtigkeit, Jungs und „like, everything I read on Twitter, it’s really scary“. Auftritt Liz LeRue (Oona Laurence), coole Babysitterin mit ins violett greifend weißblondierter Kurzhaarfrisur und Vizepräsidentin der lokalen Abteilung einer geheimen Organisation von Babysittern, die sich der Monsterbekämpfung verschrieben haben.

Wem das alles ziemlich gaga erscheint, hat natürlich völlig Recht; der Film wird, obwohl es gelegentlich holpert und knirscht, die Handlungslogik Löcher enthält, durch die diverse Tentakel nach uns greifen könnten, immer wieder gerettet, wenn Liz und Kelly sich nebenher mit realen Problemen herumschlagen müssen (zum Beispiel Kellys Panik davor, ihrem Schulschwarm auf einer Party zu begegnen). Die Auseinandersetzung mit den Monstren, auch die ganze Mythologie dahinter: Das fühlt sich alles weder besonders originell noch besonders gut gemacht an.

Ein bisschen schade ist das, weil für den Film (nach den Romanen des Drehbuchautors Joe Ballarini) Rachel Talalay auf dem Regiestuhl saß, und die Frau kann für mich spätestens seit dem großartigen Tank Girl (ich weiß, nicht jedermenschs Geschmack) eigentlich nichts wirklich falsch machen. Dafür, dass das Drehbuch doch relativ viele Motive und Handlungselemente aus anderen Kinder- und Jugendmedien versammelt (am naheliegendsten vielleicht aus Die Reise ins Labyrinth und Kim Possible), ist A Babysitter’s Guide to Monster Hunting dann aber doch, bei aller Fluffigkeit, ganz unterhaltsam.

Das Highschool-Setting wird sehr schnell abgehakt, eigentlich erledigt und nur hervorgeholt, um Kelly auf ihrem Weg zu mehr Selbstbewusstsein zu positionieren; die Monster sind sehr familientauglich ungruselig, die Heldinnen milde feministisch inspiriert – man hat schon deutlich schlechtere Buchadaptionen gesehen.

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A Babysitter’s Guide to Monster Hunting. USA 2020. Regie: Rachel Talalay, 98 Min. Frei ab 6, empfohlen ab 10 Jahren. Seit 15. Oktober 2020 exklusiv auf Netflix.

(Foto: Netflix)

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