Im Herzen, mehr noch in den Gedanken eines Filmkritikers, bezeichnen wir ihn mal willkürlich mit den Initialen R.W., gibt es einen großen Riss, sobald er beginnt über Kinderfilme zu schreiben (und das tut er oft). Denn dieser Filmkritiker sieht einen Film, findet ihn eigentlich eher schlimm bis völlig unerträglich, und fragt sich aber doch: Ob er den Kindern nicht vielleicht gefällt, auch wenn er mir das Gekröse verkrampft? Die Kleinen lieben doch Action, sie mögen doch planlosen Slapstick, da ist alles andere doch nicht so wichtig!
Das Ergebnis dieser gewissermaßen gespaltenen Kritikerpersönlichkeit sind dann Formulierungen wie „Den kleinen Zuschauern wird der Film allerdings bestimmt dennoch gefallen“, oder: „Auch wenn Erwachsene es nur als Leid empfinden, die Kinder ziehen später bestimmt mit Jubel und Juchzen aus dem Kino aus.“
Gewiss, ich überspitze das womöglich ein wenig, aber es ist auch so: Ich hasse das. Und bin womöglich dieses Vergehens auch schon schuldig geworden, in einem Moment kritischer Nachlässigkeit und medienpädagogischen Vollversagens. Dabei könnte ich mich darüber stundenlang aufregen.
Um das mal klar zu sagen: Solche Sätze sind auf schmerzhafte Weise herablassend gegenüber Kindern, die (auch wenn sie Slapstick wirklich sehr mögen) zuweilen mit einem wesentlich präziseren und vor allem weniger verbauten Geschmacksurteil daherkommen als Erwachsene. Hinter solchem Text liegt jedoch eine große Unsicherheit darüber, welche Aufgabe die Filmkritik in Bezug auf Kinderfilme eigentlich hat – und Grund für diese Unsicherheit ist meiner Meinung nach eine gewisse Plan- und Konzeptlosigkeit darüber, was eigentlich einen guten Kinderfilm ausmacht, was ein Kinderfilm soll, kann oder womöglich gar muss.
Für meine Kolumne auf kino-zeit.de habe ich mir – schon vor ein paar Wochen – Gedanken darüber gemacht, was einen guten Kinderfilm ausmacht – und wie sich die Filmkritik dem Kinderfilm nähern sollte. Hier weiterlesen!
(Bild: O menino e o mundo)