Filmkritiken

Auf den Spuren des Marsupilami (2012)

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„Der Film ist richtig doof!“ Meine Kinder sind ja bei Filmen selten so eindeutig ablehnend, aber im Falle von Auf den Spuren des Marsupilami bin ich geneigt, ihnen nachdrücklich Recht zu geben, wenn auch aus etwas anderen Gründen. Denn die kindliche Erwartung, die der Film tief enttäuscht, ist die nach der Titelfigur – und tatsächlich taucht das Marsupilami, berühmt-anarchische Figur aus den Spirou-und-Fantasio-Comics von André Franquin, zwar von Anfang an immer wieder in kurzen Sequenzen auf, wie es wild im Dschungel von Palumbien herumhüpft, aber der Film dreht sich doch hauptsächlich um ganz anderes.

Die Hauptsünde wäre, aus Sicht des etwas gelasseneren Kritikers, deshalb hier zunächst „false advertising“: Der in Deutschland auch in Richtung von Kindern vermarktete Film liefert einfach nicht die Attraktion, die Titel und Plakat versprechen. Stattdessen aber, und das ist dann seine zweite Sünde, zielt er an den am Marsupilami interessierten Kindern einfach vorbei – es sei denn, diese interessieren sich für überkandidelte, kolonialistisch überformte Tanzsequenzen und Hunde beim Kopulationsversuch mit einem menschlichen Ohr.

Doch, doch, da sind zwei Menschen bis zum Hals eingegraben, und ein kleiner Pinscher versucht anscheinend, das rechte Ohr des einen zu begatten. Es ist der absolute Tiefpunkt in einem an Niederungen nicht armen Schrottstreifen, eigentlich hätte ich mich spätestens da schon schmerzverzerrt vom Sofa rollen und den Fernseher aus dem Fenster werfen müssen. Aber ich neige in Filmfragen ja zu Masochismus: Ich hab’s mir angeschaut, damit Eure Kinder es nicht sehen müssen.

Deshalb hier mein aus Sichtung des ganzen Schrotthaufens von Film gewonnenes, qualifiziertes Urteil: Auf den Spuren des Marsupilami mischt exotistischen Abenteuerfilm und „Gross-out“-Komödie im Stile von Hangover und Konsorten, ohne dass dabei ein wohliges Ganzes herauskäme. Stattdessen wird die Handlung zur Nummernrevue (obwohl ich Tanz- und Gesangseinlagen in Filmen eigentlich liebe), zur Übung in Fremdschämen – und an wen soll sich das eigentlich richten? Und ja, es gibt viel zu wenig Marsupilami, obgleich sich das Verhalten des Tieres sehr eng an dem orientiert, was die Comics vorgeben.

Für Kinder ist das, die Hundeszene soll als Beispiel dienen, alles nicht geeignet, Teenager finden das womöglich lustig, dafür dürfte den meisten von ihnen das Marsupilami schon ziemlich egal sein. Es gibt also niemanden, für den oder die der Film gedacht ist, und das ist eigentlich ganz gut so, denn eigentlich sollte sich niemand, niemand ihn ansehen.

Und nur um eine einzige Sache ist es schade: die Tanz- und Gesangseinlage von Lambert Wilson als Diktator Général Pochero, dessen einziger Wunsch es ist, einmal in seinem Leben Céline Dion zu treffen. Beziehungsweise Céline Dion zu sein. Da schmeißt er sich in den Fummel der Diva und gibt sich ganz dem Céline-Gefühl hin. Wilson im goldsilbernen Pailettenkleid: so ist Kino.

Auf den Spuren des Marsupilami (Sur la piste du Marsupilami), Frankreich 2012. Regie: Alain Chabat, 105 Min. FSK 6. Erschienen auf DVD und Blu-ray.

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(Fotos: Senator Home Entertainment)

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