Bei Kinderfernsehen wünschen wir Eltern – ich bin da mitschuldig! – meist ja eher Sendungen und Filme herbei, die für den Nachwuchs auch entsprechend gedeihlich sein sollten, lehrreich, anspruchsvoll und dergleichen. Und während ich nach solchem Material, dem wahren, guten, schönen Kinderkino, hier weiterhin suchen will… wenn wir ehrlich sind, waren manche der eindrücklichsten Fernseherfahrung unserer Kindheit ja wohl die, denen unsere Eltern eher skeptisch gegenüberstanden. (Ein Colt für alle Fälle, Das A-Team und Knight Rider, au weia, was waren das für Helden!)
Colt Seavers, Magnum und B.A. Baracus: Natürlich ist die Erinnerung an diese Ikonen unserer Kindheit heute oft verklärt, aber das ist irgendwie auch in Ordnung – es sind diese (veränderten) Erinnerungen, an denen wir hängen, diese Bilder, die uns bis heute womöglich sogar prägen. Zwanzig Autor_innen haben in Colt Seavers, Alf & ich. 20 Autoren über die wahren Helden unserer Jugend einen Blick zurück geworfen auf ihre Tele-Sozialisation.
Das sind natürlich nostalgische Blicke zurück auf heimlich organisierte Fernsehnachmittage, auf Zeiten, in denen Kabelfernsehen ein Privileg war und sich Eltern mehr um den verderblichen Einfluss des Fernsehens sorgten als um Computerspiele oder Facebook. Und es wundert wohl nicht, dass amerikanische Serien die Auswahl so sehr dominieren wie unseren damaligen Fernsehkonsum – mit den unter den Buchbeiträgen hervorstechenden Ausnahmen Anna, Kir Royal, Das Traumschiff und dem männlichsten aller Tatort-Ermittler, Schimanski.
Das Schöne an den Geschichten ist, dass sie ganz Unterschiedliches erzählen – Geschichten von nahezu lebensverändernder Identifikation (Jenny Hoch über Anna) oder einfach die Lust am Verbotenen (Anna Mielke über Das A-Team). Die Autor_innen sind fast alle journalistisch tätig, die Qualität der Texte schwankt aber doch recht stark, ebenso der Tonfall – von nüchternem Rückblick bis zum impressionistischem Sammeln von Momentaufnahmen. Erstaunlich viele, da macht das Buch ein wenig den Eindruck, als sei seine Grundidee bei einem Seminar entstanden, blicken zum Ende des Textes darauf, was aus den Schauspieler_innen geworden ist, die ihre Held_innen eins verkörperten – große Stars wurden die wenigsten.
Vielleicht ist es aber gerade diese Erdung in der Realität, die aus den Reminiszenzen einen sehr bittersüßen Sammelband werden lässt, der ein Puzzlestück bietet zur kulturellen Verortung einer Generation (west-)deutscher Kinder. Man möchte ihn ergänzt wissen durch einen Band voller Erinnerungen an ausdrücklich für Kinder gedachte Fernsehsendungen, ich nominiere schon mal: Western von gestern, Captain Future, Luzie, der Schrecken der Straße… es könnte endlos weitergehen.
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Rebecca Niazi-Shahabi, Titus Arnu, Anne Philippi u.a.: Colt Seavers, Alf & ich. 20 Autoren über die wahren Helden unserer Jugend. Hg. Von Philip Laubach-Kiani. Hollenstedt: Ankerherz Verlag (Edition Campfire 3) 2014. (amazon)
(Zwei Kapitel des Bandes lassen sich bei Spiegel Online nachlesen, einmal Karin Michalke über Colt Seavers bzw. Ein Colt für alle Fälle, und dann der Text von Simone Buchholz über Alf, womöglich der schönste Text des Buches.)