Filmkritiken

Keinohrhase und Zweiohrküken (2013)

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Einsamkeit ist keine schöne Sache, vor allem wenn die Ausgrenzung durch andere allein durch einen körperlichen Unterschied bestimmt und erklärt wird. Der Keinohrhase (einen richtigen Namen trägt er gar nicht, Til Schweiger spricht ihn) hat also alles Recht, unglücklich darüber zu sein, dass die anderen Hasen ihn nicht mitspielen lassen, nur weil er keine Ohren hat – denn sonst ist ja alles an ihm, wie es bei einem Hasen sein soll, sowohl in seinem Körperbau als auch in seinen Interessen, die sich vor allem um die Pflege und den Verzehr von Möhren drehen zu scheinen. (Allerdings ist auch etwas wunderlich, dass er als einziger Hase in einem Haus zu wohnen scheint – Ähnliches hat sonst nur der Fuchs, der in einem alten Wohnwagen lebt.)

Und dann rollt ihm eines Tages ein Ei vor die Wohnungstür, und der Hase freut sich, jemanden zu haben, den er umsorgen kann – er hegt und pflegt es, das Ei wächst und wächst (ernsthaft), und dem Hase ist, sagt er, egal, was da schlüpft, solange es keine Ohren hat. Und dann kommt aus dem Ei, der Titel verrät es schon, ein Küken mit zwei großen gelben Ohren – der Hase ist am Boden zerstört, aber das Küken will nicht weg von ihm. Möhren mag es aber leider auch nicht besonders, aber fliegen zu können, das wäre sein Traum.

Es gibt eine ganze Reihe von Wegen, die der Film dann noch nehmen könnte, und Keinohrhase und Zweiohrküken geht sie getreulich und unter Umgehung von allzu großer Dramatik. Das ist bewusst für ganz kleine Kinder gedacht, vermeidet aber auch, sie mit jeder Form von charakterlicher Komplexität oder ästhetischer Ambition zu fordern. Niemand hier ist wirklich böse, alle Probleme lösen sich meist ziemlich rasch auf, und wie sollten so niedliche, putzige Wesen je unangenehm werden?

Zugleich wirken fast alle Szenen des Films starr und leblos; Orlindo hat in seiner Kritik auf animationsfilme.ch präzise umschrieben, dass dies nicht zuletzt dadurch entsteht, weil sich in den Tableaus außer den gerade aktiven Figuren nichts bewegt; es gibt keine Wolkenbewegungen, kein Baum wiegt seine Zweige im Wind, nichts. Stattdessen herrscht, auch das eine landläufige Form von Niedlichkeit, ewig gleichförmiger blauer Himmel über grünem Gras, was an die Szenenbilder der Teletubbies erinnert.

Keinohrhase ist ein Film, den man problemlos auch kleineren Kindern ab vier Jahren zeigen kann; die größte Gefahr ist neben der ästhetischen Unterforderung eigentlich nur, dass sie sich langweilen und genervt mit Popcorn werfen. Nirgends steckt hier der subversive Witz von Der kleine Rabe Socke drin, nirgends die zeitlose Eleganz eines Dschungelbuchs und nirgends die ästhetische Fülle von, zum Beispiel, Brendan und das Geheimnis von Kells. Stattdessen auf den kleinsten Nenner zusammengebranntes Gefälligkeitskino, das bloß keinen Fehler machen will und deshalb nirgends glitzert und strahlt.

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Keinohrhase und Zweiohrküken, Deutschland 2013, 75 Min. Regie: Maya Gräfin Rothkirch, Til Schweiger. FSK 0. (Kinderfilmblog-Empfehlung: ab 4 Jahren.)

(Fotos: Warner Bros.)

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