Filmkritiken

The Lego Movie (2014)

Alles so schön bunt hier! Kaum eine Plastikwelt bietet so viele Kombinations- und Baumöglichkeiten wie die bunten Steine von Lego; und selbst der Umstand, dass sich das Lego-Universum seit den 1980er Jahren immer weiter ausdifferenziert und immer komplexere „Welten“ produziert hat, hat dem Image der dänischen Bausteine kaum Abbruch getan – mit Lego, so geht die Erzählung, bauen Kinder, wie es ihnen einfällt, weil die vielfältig einsetzbaren Bausteine sich für alles Denkbare nutzen und wiederverwenden lassen.

Aber das ist natürlich nicht die ganze Wahrheit, und ausgerechnet ein Film, der den Steinen huldigt wie noch kein anderes Kulturartefakt zuvor, Liebeserklärung und großes Werbeepos zugleich, spielt diese Thematik in all ihrer Zwiespältigkeit durch. Held von The Lego Movie ist Emmet, selbst ein braves, sehr durchschnittliches Bauarbeiter-Legomännchen, der sich redlich bemüht, immer nur den Anweisungen zu folgen. Die regeln, wie er seinen Tag beginnt, welche Fernsehsendungen er gerne mag und dass er begeistert überteuerten Kaffee (37 Dollar die Tasse) trinkt. Und es sind die bekannten Bauanleitungen aus den Lego-Packungen, nach denen er und seine Kollegen neue Häuser bauen – alles, was nicht der Norm entspricht, wird abgerissen.

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Die Regeln macht Präsident Business, Chef der größten Firma in der Stadt, der im geheimen finstere Pläne schmiedet. Das erfährt Emmet, als er eines Tages in eine Baugrube stolpert und zufällig das „Stück des Widerstands“ findet, nach dem Business hat suchen lassen – und nur knapp entgeht der ahnungslose Durchschnittsbürger von den Schergen des Präsidenten, indem die unorthodoxe Wyldstyle ihn befreit. Sie offenbart ihm: Hinter der wohlgeordneten Welt der Anleitungen gibt es noch die Masterbuilder, die frei und nur ihrer Phantasie verpflichtet bauen – und Emmet, der das Stück des Widerstands gefunden hat, ist der ihnen prophezeite „Besondere“, der sie gegen Business in die Schlacht führen soll.

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Der Film stellt also Konformismus und Regelgläubigkeit gegen Individualität und Erfindungsreichtum, und sein besonderer Kunstgriff ist es natürlich, einen absolut einfallslosen Durchschnittstypen ins Zentrum zu rücken („Was mach ich denn jetzt? Ich habe meine Anleitung verloren!“), der am Ende – eine klassisch amerikanische Erweckungsgeschichte – den Helden in sich selbst findet und den in anderen erweckt. Aber zugleich ist es symptomatisch für den Film, dass sein eingängiger Titelsong „Es ist alles super“ bzw. im Original „Everything is awesome“ eine Lobpreisung gerade der fraglosen Konformität ist.

Natürlich wird das im Text (und im Film) positiv gewendet: „Everything’s cool when you’re part of a team“, aber auch das ist und bleibt durchaus ambivalent, denn die Grenze und Unterscheidung zwischen Konformität und Gruppenzugehörigkeit (die natürlich für Emmet und seine Heldenfreunde positiv besetzt ist) ist hier immer nur scheinbar evident.

The Lego Movie, aus den erfahrenen Händen von Phil Lord und Christopher Miller, die auch den großartigen Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen zu Leben erweckt hatten, bleibt damit immer so doppelgesichtig wie der Genre-Figuren reflektierende Charakter des Good Cop/Bad Cop, einer Lego-Figur, die wie eine Theatermaske mit zwei Seiten ihren Kopf drehen und je nachdem den guten oder den bösen Polizisten zeigt. Überhaupt spielt und glänzt der Film mit zahlreichen, meist parodistischen Anspielungen auf andere Filme, Comics und Geschichten.

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Da tauchen alle möglichen Superhelden von Batman über Superman und Green Lantern bis hin zu Wonder Woman auf, Wyldstyle und ihr Lehrmeister Vitruvius sind klar aus The Matrix entliehen, und es schadet auch nicht, Terminator 2 gesehen sowie Harry Potter und Herr der Ringe gelesen zu haben. Und richtig gut wird es, wenn nicht nur vor Lasern! und Haien! gewarnt wird, sondern auch vor Laserhaien!!! Kurzum, die perfekte Zielgruppe für diesen Film sind eigentlich Zehn- bis Elfjährige, die bereits bis über beide Ohren in der Mainstream-Popkultur des angloamerikanischen Raums gebadet wurden. (Für die richtig Älteren gibt es eine Lego-Figur, die dem Lego-Raumfahrtprogramm der 1980er entstammt; da werden wirklich nostalgische Gefühle wach.)

Hinter dem fast pausenlosen Gewusel, Gewimmel und Gekrache erzählt The Lego Movie eine sehr amerikanische Geschichte von Selbstfindung und „pursuit of happiness“, macht das aber stets mit einer Lage Selbstironie, bis das Ende mit einem deutlichen Tonlagenwechsel eine überraschend kräftige Portion Schmalz darüber gießt.

Dabei wird der Antagonismus zwischen Business und den anderen Figuren aufgehoben, zugleich wird aber genau die grundlegende Differenz, die vorher zwischen Konformität und Kreativität behauptet wurde, in einem Akt emotionaler Versöhnung einfach zusammengedacht – das aber mag für Spielzeug funktionieren, aber nicht immer für die Welt, in der wir spielen.

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The Lego Movie, Australien/USA/Dänemark 2014. Regie: Phil Lord, Christopher Miller. 100 Minuten, FSK 0 (empfohlen ab 8 Jahren). (amazon: DVD, Blu-ray)

(Fotos: Warner Bros.)

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